Leitsätze:
1. Für die Einstufung einer Nutzungshandlung als "öffentliche Wiedergabe" im Sinne von Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 2001/29 ist erforderlich, dass ein geschütztes Werk unter Verwendung eines
technischen Verfahrens, das sich von dem bisher verwendeten unterscheidet, oder, ansonsten, für ein neues Publikum wiedergegeben wird, d. h. für ein Publikum, an das die Inhaber des Urheberrechts
nicht gedacht hatten, als sie die ursprüngliche öffentliche Wiedergabe erlaubten.
2. Stellt ein Dritter ein geschütztes Werk, das bereits auf einer anderen Website frei öffentlich wiedergegeben wurde, mittels eines Internetlinks auf einer Website ein, ist eine solche
Wiedergabehandlung, da sie sich desselben technischen Verfahrens bedient, das schon für die Wiedergabe des Werkes auf einer anderen Website verwendet wurde, nur dann als "öffentliche Wiedergabe"
im Sinne von Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 2001/29 einzustufen, wenn die Handlung gegenüber einem neuen Publikum erfolgt (vgl. EuGH, Urteil vom 13.02.2014 - C-466/12, MIR 2014, Dok. 022 -
Svensson u.a., Rn. 24). Ist dies nicht der Fall, insbesondere weil das Werk bereits auf einer anderen Website mit Erlaubnis der Urheberrechtsinhaber für alle Internetnutzer frei
zugänglich ist, kann die betreffende Handlung nicht als "öffentliche Wiedergabe" im Sinne von Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 2001/29 eingestuft werden (vgl. EuGH, Urteil vom 13.02.2014 - C-466/12, MIR 2014, Dok. 022 -
Svensson u.a., Rn. 25 bis 28). Dem steht nicht entgegen, dass das Werk bei Anklicken des betreffenden Links durch die Internetnutzer in einer Art und Weise erscheint, die den
Eindruck vermittelt, dass es von der Website aus gezeigt wird, auf der sich (auch) dieser Link befindet, obwohl es in Wirklichkeit einer anderen Website entstammt. Dieser Umstand ist im
Wesentlichen das Charakteristikum der Framing-Technik (mittels "eingebetteter" Internetlinks bzw. Inline Links) durch die ein einer anderen Website entstammender Bestandteil angezeigt wird, damit
den Nutzern diese Webauftritts die ursprüngliche Umgebung des Bestandteils verborgen bleibt.
3. Zwar kann das sog. Framing verwendet werden, um ein Werk der Öffentlichkeit zugänglich zu machen ohne es kopieren zu müssen und damit dem Vervielfältigungsrecht zu unterfallen. Unbeschadet
dessen führt aber die Verwendung des Framing nicht dazu, dass das betreffenden Werk für ein neues Publikum wiedergegeben wird. Sofern und soweit dieses Werk auf der Website, auf die der
Internetlink verweist, frei zugänglich ist, ist davon auszugehen, dass die Inhaber des Urheberrechts, als sie diese Wiedergabe erlaubt haben, an alle Internetnutzer als Publikum gedacht
haben.
4. Die Einbettung eines auf einer Website öffentlich zugänglichen geschützten Werkes in eine andere Website mittels eines Links unter Verwendung der Framing-Technik, wie sie im Ausgangsverfahren
in Frage steht, allein stellt keine öffentliche Wiedergabe im Sinne von Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 2001/29/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. Mai 2001 zur Harmonisierung
bestimmter Aspekte des Urheberrechts und der verwandten Schutzrechte in der Informationsgesellschaft dar, soweit das betreffende Werk weder für ein neues Publikum noch nach einem speziellen
technischen Verfahren wiedergegeben wird, das sich von demjenigen der ursprünglichen Wiedergabe unterscheidet.